Religion wirkt wie ein Impuls zur sozialen Innovation. Die Kraft dieses Impulses geht nach einer gewisse Zeit verloren.
Religion stellt sich modernen Beobachtenden als eine Zusammenstellung von Lehren, Gesetzen und Geboten dar. Diese entspringen nach eigener Darstellung einer metaphysischen Quelle, in der Sprache der Religionen Offenbarung genannt. Der Ursprung dieses Impulses lässt sich weder beobachten noch wissenschaftlich (er)klären, wohl aber dessen greifbare, innovative Auswirkungen auf die Gesellschaft.
Offenbarte Religion verbreitet sich anfangs gegen Widerstände und ohne materielle bzw. politische Hilfe und kann nicht vollständig auf vorhandene menschliche Erkenntnisse zurückgeführt werden.
Sie fördert in ihrer Früh- und Hochphase selbstbestimmte Religiosität der Menschen und ermutigt sie,
a) ihren Charakter zu verbessern und
b) ihre Beziehungen untereinander neu zu gestalten.
Dabei verändert Religion die Gesellschaft und die Lebensumstände der Menschen, so dass handfeste Verbesserungen zu beobachten sind
Aus der offenbarten Religion gehen im Laufe der Zeit religiöse Traditionen hervor, die in der Regel eine zunehmend fremdbestimmte Religiosität nach sich ziehen und den weiten Horizont der offenbarten Religion einengen. Dadurch geht die Kraft des anfänglichen Innovationsimpulses der Offenbarungsreligion verloren, was Fortschritt und Neuerung hemmt.
Diese vereinfachte und auf die innovierende Wirkung von Religion(en) fokussierte Beschreibung ist unabhängig von Wahrheitsansprüchen der Religion(en) empirisch überprüfbar. Sie folgt den Arbeiten von Weber und Abu'l-Faḍl und ist konsistent mit aktuellen wissenschaftlichen Arbeiten aus der Religionssoziologie, Ökonomie und Kirchengeschichte. Ebenso harmoniert sie mit den Heiligen Schriften der Religionen, wie die Zitate aus der hebräischen Bibel, dem Evangelium und dem Koran zeigen.
Abu’l-Faḍl äußert vollstes Verständnis für die Aussagen von Religionskritikern, sogar diskriminierende Aussagen mancher europäischer Philosophen seiner Zeit, die bestimmte Religionen für unvereinbar mit der Zivilisation hielten
Unter Verwendung der beschriebenen selbst- und fremdbestimmten Religiosität zeigt er, dass diese Kritik
auf die traditionelle, fremdbestimmte Religiosität der Menschen zutrifft
nicht aber auf die Offenbarungsreligion und der mit ihr verbundenen aufgeklärten Religiosität